Kindergrippe
in Iguatemi (Mato Grosso Do Sul)
- Notwendigkeit und Problematik im Zusammenhang mit Landbesetzungen
Melanie Grossmann, März 2004
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Den Franziskaner Frei Alido (links im Bild) und sein Projekt mit
Indigenen im Landesinnern von Brasilien habe ich 1998 bei meinem
Freiwilligendienst kennen gelernt und seitdem viermal für
mehrere Wochen besucht und bei seiner Arbeit begleitet.
Meine Diplomarbeit habe ich in
diesem Jahr (2004) über seine Projekte, seine Philosophie der Arbeit
mit den Indigenen und die Kultur der Guarani – Kaiowá –
Indigenen verfasst. |
Ein
großes Anliegen der Projekte Frei Alidos ist die Erhaltung bzw.
Wiederbelebung der indigenen Kultur und das Sichern des Überlebens
der Guarani – Kaiowá - Indigenen. Dazu gehört auch die Rückgewinnung
des ursprünglich indigenen Landes, welches heute in der Hand von Großgrundbesitzern
ist.
Gesetzlich
steht den Indigenen ein Teil ihres Territoriums zu, aber Korruption
und Machtspiele verzögern den Prozess oder verhindern ihn gänzlich.
In ihrer Verzweiflung besetzen die Indigenen nach oft jahre- bis
jahrzehntelangem Warten das ihnen zustehende Land, was mit gewalttätigen
Konflikten verbunden ist.
In
der Stadt Iguatemi ist Frei Alido seit fast zehn Jahren tätig. Und
fast ebenso lange warten die Indigenen rings um die Stadt auf die Überschreibung
ihres Landes… bis ihnen im Dezember 2003 der Geduldsfaden
riss und sie Großgrundbesitze besetzten.
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Da Frei Alido als
Unterstützer der Indigenen bekannt ist und er direkt bedroht
wird, hat er Iguatemi verlassen und ist vorerst
„untergetaucht“. Ob und wann er nach Iguatemi zurückkehren
kann und seine Arbeit fortsetzen wird, ist ungewiss.
Frei Alido war in seinen Projekten nicht allein tätig:
Angestellt hatte er Maria und Baptista, die mit ihren Kindern
Juliane und Ivã in Alidos Haus lebten (Foto links). |
Außerdem
stehen Alido seit Jahren Sônia und João (Foto links) mit Rat und Tat
zur Seite, die eine kleine Druckerei in Iguatemi besitzen.
Durch die
Landbesetzung und die vorläufige Einstellung der Projekte in
Iguatemi sind Maria und Baptista ohne Arbeit und Lohn. Die
Druckerei von Sônia und João wird boykottiert und sie mussten
bereits Mitarbeiter entlassen. Aus dieser plötzlichen Not
heraus haben die vier ein schon länger geplantes Projekt
innerhalb kürzester Zeit konzipiert und mit der Umsetzung
bereits begonnen:
eine Kinderkrippe für mangelernährte Kinder – VIVA VIDA
VIVA VIDA ist ein Verein, der
in der benachbarten Stadt Amambai seit Jahren bereits Kinder in
akuten Notsituationen aufnimmt. Sônia und João waren einst an
dessen Gründung beteiligt. |
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Die
Kinder werden stationär und ambulant betreut. Die ausreichende
vitamin- und nährstoffreiche Ernährung, die Einbeziehung der
Familien und die Stabilisierung der Kinder und deren Familien in der
Gesellschaft sind das Ziel. Die Kinder erhalten Mahlzeiten, die Familien
lernen das Zubereiten von Nahrung. Die körperliche und geistige
Entwicklung der Kinder wird gefördert und die Integration in die
Gesellschaft durch pädagogische Interventionen angestrebt.
Ein eben solches Projekt wurde nun auch in Iguatemi umgesetzt.
Das
neue Projekt soll den Einwohnern Iguatemis das
soziale Engagement von Frei Alido, der Familie von Baptista, Sonia und
Joan zeigen (auch außerhalb der Arbeit mit den Indigenen).
Aktuell: Projekt VIVA VIDA eingestellt
Aufgrund mangelnder Finanzierungsmöglichkeiten und fehlernder
Arbeitskräfte musste das Projekt VIVA VIDA in Iguatemi nach einem
knappen Jahr wieder eingestellt werden. Zwischenzeitlich hat sich
immerhin die schwierige Situation mit den Großgrundbesitzern
entspannt. Frei Alido geht wieder seiner gewohnten Arbeit nach und
diese gilt es fortan weiter zu unterstützen.
Schließlich ist Frei Alido bereits im Rentenalter. Die Zukunft der
Projekte soll deshalb durch anderen Wegen gesichert werden (wir
berichteten in unseren Rundschreiben).
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