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Die einem Einzelnen zugefügte Ungerechtigkeit ist eine Bedrohung für uns alle | ||||||||||||||
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Nicht nur das Land ist überlebensnotwendig für Brasiliens Indianer, sondern auch ihre Kultur. Gerade darum geht es in den Projekten Frei Alidos. Die Indios wollen ihr Land zurück, das ihnen von den Großgrundbesitzern in der Vergangenheit geraubt und ausgebeutet wurde. Zum Teil dient es als Weideland für die großen Rinderherden der Fazendeiros, die irgendwo weit weg in ihren Luxuswohnungen in der Stadt leben und das Land von Verwaltern überwachen lassen, Die Indianerstämme wurden vertrieben und irren entweder als Landlose in den riesigen, fast menschenleeren Gebieten des brasilianischen Südwestens umher, oder sie wurden von der Provinzverwaltung in Reservate zusammengepfercht, wo sie ein kümmerliches Dasein fristen.
An
diesem Punkt setzt nun die Hauptarbeit Frei Alido Rosas an, der eng
mit der CIMI und der Diözese Dourados (der ehemaligen Diözese des
verstorbenen Bischofs Theodard Leitz aus der Erzdiözese Freiburg)
kooperiert und in ihrem Auftrag wirkt. Er ist Franziskaner, und
inzwischen sind es zwölf Jahre, dass er diese wirkliche
"Graswurzelarbeit" tut. Aber lassen wir ihn selbst zu Wort
kommen: "Ich spüre, was unsere Bischöfe meinen, wenn sie sagen:
Wir werden den Indios nicht unsere Katechese, unsere Gebete und unsere
Feiern bringen; sie müssen zuerst einmal sehen, was sie selbst haben,
wieder ihre Rituale kennenlernen, ihre Mythen, ihre Kaziken (Medizinmänner,
Indiopriester), und danach werden wir sehen...“ Fünfhundert Jahre lang war die Geschichte immer die Gleiche: Man wollte den Indio in unsere Kultur einbinden. Das bedeutete, dass er alles zu vergessen hatte, was ihm gehörte, und dass er alles annehmen sollte, was wir ihm an Europäischem verrüttelten, So kam es, dass die einen den Indios die Ländereien mit den Bäumen, Vögeln und den anderen Tieren wegnahmen, man nahm ihnen die Flüsse mit ihrem Wasser und den Fischen. Andere raubten ihnen die Sprache, die Bräuche und ihre Feste. Die Missionare nahmen ihnen die Mythen, die Riten und ihre Priester. Durch diese Politik entstand ein anderer Indio, der eigentlich nicht mehr Indio ist und der auch kein Weißer ist. Er ist seiner Identität beraubt. In den letzten zehn Jahren ist die Zahl der Selbstmorde unter den Indios außergewöhnlich angestiegen.
Und
die Reaktion der Indios? "Dieser Pater hat Recht. Er kennt unsere
Vergangenheit. Er kommt nicht mit der Bibel der Gläubigen, und er
baut auch keine Kirche der Katholiken. Das gefällt uns. Früher
wohnten wir eng beieinander, die Erde gehörte uns. Wir hatten unseren
Kaziken. Er betete, und seine Medizin aus den Pflanzen heilte uns.
Gott wohnte nahe bei den Menschen. Doch dann kamen die Weißen und
haben uns unsere Ländereien und unsere Kultur weggenommen. Heute ist
Gott nicht mehr hier, denn er ist traurig über diese
Situation..." Für die Arbeit Frei Alidos bedeutet das, dass er den Indios zunächst einmal bei der Stillung ihrer elementarsten Bedürfnisse helfen muss. Sie haben zwar Land bekommen, aber wissen zunächst nichts damit anzufangen. Sie leiden oft bitteren Hunger, und deshalb besteht die "Erste Hilfe" in der Versorgung mit Nahrungsmitteln - Reis, Bohnen, Fleisch, Gemüse, Obst...
Eines
der Hauptprobleme ist die Wasserversorgung. Bis vor wenigen Monaten
hat Alido vielen Indiofamilien geholfen, Brunnen zu bohren - Schächte,
die bis zu 20 m tief in die Erde getrieben werden mussten, bis man auf
Grundwasser stieß, Leider sind solche Brunnen nach kurzer Zeit wieder
versiegt, weil der Grundwasserspiegel weiter absinkt, verursacht durch
die jahrzehntelange Abholzung des ursprünglichen Regenwaldes ("Mato
Grosso" heißt "dichter Wald"!). Inzwischen führt Frei
Alido Verhandlungen mit den Gemeinden (Iguatenü, Amambai, Tacurü,
Ponta Pora ... ), um Wasserleitungen in die Siedlungsgebiete (Aldeias)
der Indios legen zu lassen, z.T. mit gutem Erfolg. Ich selber konnte
Zeuge zahlreicher Versammlungen der einzelnen Indiostämme mit den Bürgermeistern
der betreffenden Gemeinden sein, bei denen es um den Bau solcher
Wasserleitungen ging. Frei Alido hatte diese Versammlungen initiiert
und organisiert. Bei allen diesen Versammlungen ging es auch darum,
die Identität der Indios und den Zusammenhalt, die Solidarität der
Indios untereinander, zu stärken. Sie sollten, wenn sie eine
Wasserleitung haben wollten, selbstverständlich beim Bau und bei der
Finanzierung mithelfen, auch wenn es nur ein symbolischer Betrag aus
den Erlösen von Maniokverkauf oder Rinder- und Schweinezucht war.
"Indios helfen Indios! " ist ein Wahlspruch Frei Alidos.
Auch
die übrige Arbeit Alidos hat Früchte getragen: Wo man hinkommt, sind
Gärten angelegt, Frauengruppen scharen sich um Nähmaschinen, die
ihnen Alido besorgt hat, um zu lernen, wie man aus Stoffresten Decken
und Kleidung näht und diese dann gewinnbringend verkauft. Viele Kühe,
Schweine, Ziegen und Rinder leben in den Aldeias, und manche Indios
haben es inzwischen sogar zu einem kleinen Wohlstand gebracht, wie
z.B. Silvia, die als 14-jähriges Mädchen einen Garten angelegt hat,
der inzwischen dreimal so groß ist wie vor zwei Jahren, als ich ihn
zum letzten Mal sah. Die Produkte verkauft Silvia in den unliegenden
Aldeias und verdient sich dadurch einen schönen Lebensunterhalt. Bei
seiner Arbeit mit den Indios helfen Frei Alido zwei Schwestern aus der
Franziskanerinnen-Kongregation von Dillingen, Schwester Celina und
Schwester Elza. Sie betreuen die Aldeias bei der
Eine ganze Reihe von Helfern aus Deutschland (Michael, Tamara,
Marco, mein Neffe Konrad) haben Frei Alido bei seiner Arbeit geholfen,
und er ist dankbar für jede Anregung. Außerdem konnte er viele
Helferinnen und Helfer aus Brasilien für seine Arbeit gewinnen.
Inzwischen hat er in Iguatemi ein kleines Informationszentrum
errichtet, wo er sich regelmäßig mit seinen Helfern oder den maßgeblichen
Leuten aus den Indiosiedlungen trifft, um die weitere Arbeit mit ihnen
zu besprechen und den Zusammenhalt unter ihnen zu stärken, Insgesamt
gesehen ein schöner und befriedigender Erfolg seiner Arbeit! Leider
gibt es auch Schattenseiten: Viele Indios verdienen nach wie vor ihr
Geld in Alkoholdestillerien weit weg, in der Nähe von Sao Paulo. Sie
werden von den Betriebsbesitzern angeworben, für mehrere Monate dort
zu arbeiten. Sie schließen Arbeitsverträge und werden mit Lastwagen
in ihren Aldeias abgeholt und nach Ablauf der vereinbarten Zeit wieder
zu Hause abgeliefert. Das bedeutet, dass sie nur in größeren
Intervallen in ihre angestammten Aldeias zurückkehren können. Meist
sind dann die Alkoholprobleme sehr groß, und das bedeutet einen
Leidensweg für die Frauen und Kinder, die in der Zwischenzeit die
Hauptlast der Arbeit zu Hause tragen müssen. Zudem erschwert der
Kampf mit der Bürokratie der Behörden oft unnötig die Arbeit von
Frei Alido. Insgesamt gesehen jedoch darf er sich der großen
Dankbarkeit der Indios sicher sein, und auch wir werden bei jedem
Besuch große Dankbarkeitsbezeugungen der Indios zuteil. Sie wissen,
was sie an der finanziellen Starthilfe aus Deutschland haben. Ein
weiteres kleines Projekt in Amambai. Sonja, eine italienisch-stämmige
Brasilianerin, hat in Amambai ein Kinderhaus gegründet, das kostenlos
halbverhungerte und verwahrloste Kinder - Indios und Straßenkinder -
aufnimmt, ernährt, kleidet und pflegt. Inzwischen ist daraus ein
piksauberes, gut geführtes Haus geworden, das 45 Kindern im
Kindergarten- und Grundschulalter eine wirkliche Heimat bietet. Ein
großer Mitarbeiterstab von Erzieherinnen und Helferinnen für die
Arbeit im Haus und in der Küche steht ihr zur Verfügung, außerdem
werden für ältere Kinder Schul- und Arbeitshilfen gegeben. |